Almberg-Treffen ‘21
Das Jahr 2021 meinte es in Süddeutschland mit den Astronomen nicht allzu gut. So gut wie alle Teleskoptreffen wurden pandemiebedingt abgesagt und von geplanten 2 Wochen im August, die dem Hobby gewidmet werden sollten, verblieben ganze 2 1/2 klare Nächte, was sich bei mir auch durchaus in der Stimmung niederschlug.
So lag die Hoffnung ganz und gar auf einem ,goldenen Herbst‘, und auf dem ersten süddeutschen Treffen, welches dann auch tatsächlich stattfinden sollte.
Die Erwartungen waren also groß, und ich kann vorweg nehmen, sie wurden nicht enttäuscht!
Da sich bereits im laufe der Woche eine astreine Schönwetterkatastrophe andeutete, verabredete ich mich mit einigen guten Freuden bereits für Donnerstag auf dem Almberg, also einen Tag vor Beginn des offiziellen Treffens. Nach der rund fünfstündigen Anfahrt war ich dann am späten Nachmittag bereit, mein Blechzelt die Skipiste hinaufzutreiben – wobei das in diesem Jahr nach diversen Baustellen auf den letzten Metern des Weges wirklich keine Schwierigkeit mehr darstellte. Und ich war nicht der Erste am Gipfel.
Nach der herzlichen Begrüßung baute ich tatsächlich mal zuerst meine Montierung auf, nicht dass man später am Abend dann doch zu faul werden würde… und das war auch gut so, denn wenn die Nacht eins werden würde, dann klar! In einer gut gelaunten Runde zum Dinner im Gasthof Alpe lernte man die bis dato noch nicht so bekannten Kollegen kennen und fachsimpelte über die gemeinsamen Interessen, bevor es dann gut gestärkt wieder hinauf auf den Berg ging.
Ich kümmerte mich erstmal um die ein oder andere Kamera für einen Zeitraffer, sowie um meine Montierung, die endlich mal zeigen sollte was sie drauf hat. Nach dem (gebrauchten) Kauf im Frühjahr und den folgenden Umbaumaßnahmen auf GoTo mit einer aktuellen Steuerung sollte dies der erste ‚ernsthafte‘ Einsatz für die G11, sowie den 6“ RC werden, den ich allerdings schon seit letztem Jahr mein Eigen nennen durfte.
Ein Ziel hatte ich schlauerweise natürlich nicht geplant, deshalb musste kurzerhand der Hantelnebel M27 herhalten. Wie sich im Nachhinein herausstellte war der RC nach diversen Transporten auch minimal dejustiert, was sich in einem matschigen Bild zeigte. Aufgefallen war das bereits vor Ort, aber ohne mich da richtig schlau zu machen wollte ich die Situation nicht noch verschlimmbessern. Die Ergebnisse kann ich eigentlich nur mit einem sehr schlechten Gewissen herzeigen, aber der zugegeben sehr tiefe Griff in die digitale Trickkiste hat die Bilder dann doch noch etwas gerettet. Seid da also bitte gnädig 😉
Durch die Strapazen der Anfahrt zog es mich dann auch schon recht früh gegen zwei Uhr in Richtung Schlafsack.. aber zu den ersten Sonnenstrahlen trieb es mich bereits wieder aus den Federn und ich wurde mit einer grandiosen Aussicht unter tiefblauem Himmel entschädigt.
Ein Kaffee samt Frühstück sollte genug Kraft für den Tag geben, wurde dieser dann doch sehr entspannt angegangen. Ab dem Nachmittag ließ sich dann beobachten, wie sich der Platz um den Gipfel mehr und mehr mit Astronomen mitsamt ihren Instrumenten füllte.
Auf die erste Top-Nacht folgte dann sogleich eine zweite. Meine Kamera sammelte zunächst fleißig Photonen vom Omeganebel (M17), später schwenkte ich den RC dann auf den Krebsnebel (M1) und am Morgen noch kurz auf den Orionnebel (M42). Derweil schlenderte ich über den Platz, warf hier und da einen Blick durch die zahlreichen, auch großen Dobsons, und fachsimpelte mit den Kollegen. Langweilig konnte es einem so nicht werden, und so geschah es, dass man dann irgendwann die Mondsichel in der frühen Morgendämmerung aufgehen sah – höchste Zeit sich um’s Kopfkissen zu kümmern.
Geweckt durch die wärmende Sonne, war am späten Vormittag ein Weiterschlafen unmöglich. Auch wenn mir mehr Ruhe nicht geschadet hätte, man will dann ja doch nicht zu viel verpassen. Die morgendliche Datenernte mit einem kurzen Check der Ergebnisse brachte gleich mal einen netten Boliden auf einem der Zeitrafferkameras zutage… den hatte ich selber in der Nacht tatsächlich mal wieder verpasst (irgendwie typisch für mich). Aber mir wurde bestätigt, dass dieser wohl auch visuell ein Kracher gewesen ist.
Die Zeit ging in’s Land, das abendliche Schnitzel in der Alpe mundete vorzüglich, und ich beschloss in der Dämmerung noch einmal kurz die Drohne steigen zu lassen. (hätte man ja auch mal früher drauf kommen können… aber immerhin ein paar Bilder sind bei herausgekommen.) Ein kurzer Powernap zu Beginn der Dunkelheit rettete mich dann erfolgreich über die Nacht – die entgegen den bisherigen ein paar durchziehende Wolkenfelder zu bieten hatte. Den Beobachtungsfreuden tat dies allerdings kaum einen Abbruch und in der zweiten Nachthälfte war von dem Spuk auch nichts mehr zu sehen.
Dafür entschädigte eine astreine Sicht auf die großen Planeten Jupiter und Saturn, die wie fotografiert im Okular standen. Solche Nächte gibt es nicht oft, noch dazu in einer derart schönen Atmosphäre. Den Dobsons wurde natürlich auch wieder der ein oder andere Besuch abgestattet, und nachdem sich die Wolken verzogen hatten warf ich dann auch noch meine Fotomaschine an – diesmal auf die Edge-on-Galaxie NGC 891 im Sternbild Andromeda. Die fortschreitende Zeit konnte dann nicht nur an einem prächtigen Zodiakallicht, sondern auch gut an der nun deutlich schmaleren Mondsichel festgestellt werden, garniert mit einem wunderschönen Erdschein.
Nachdem ich dann wieder auf dem hiesigen Planeten ankam, lag bereits eine gewisse Aufbruchstimmung in der Luft.
Die Zeit verging wieder einmal viel zu schnell und so war es nun bereits Sonntag Mittag.
Für mich stellte sich eine entscheidende Frage… heimfahren oder noch eine Nacht verlängern?
Mein Ziel war es auf jeden Fall in der kommenden Nacht den Jupiter ins Visier zu nehmen. Die Bedeckung von Io stand neben dem Transit von Europa samt dessen Schatten und Ganymede sprichwörtlich im Hintergrund, aber garniert mit einer Sichtbarkeit des Großen Roten Flecks stellte die Konstellation doch eine der Interessantesten dieses Jahr dar. (zumindest für uns in Europa)
Da ich keine Lust auf den Stress der Fahrt hatte, die Montierung so oder so eingenordet war, und das Wetter auch halbwegs vielversprechend aussah, entschied ich mich für die letztere Option. Und so kam es, dass ich schon bald am Nachmittag ziemlich allein am Gipfel stand.
Doch Moment, zwei Kollegen aus der sächsischen Gegend hatten die Heimreise ebenso verpasst 😉
Nach einem entspannten, geruhsamen Nachmittag aktivierte ich dann meinen 8“ Dobson, der bis dahin im Auto schlafen durfte. Zum Aufwärmen gönnte ich ihm ein klein wenig Sonne, auf der auch einige schöne Fleckengruppen zu erspähen waren. Ein paar interessierte Wandergäste fanden sich dann auch noch am Berg ein und Venus musste am Taghimmel für eine schnelle Beobachtung herhalten – bevor der Tubus auf die G11 für die Nacht aufgesattelt wurde.
In der Hoffnung, dass sich die restlichen Schönwetterwolken zeitnah auflösen würden, ließ ich mir ein letztes mal ein saftiges Schnitzel auf dem Gaumen zergehen. Und so kam es dann auch, bereits zum finalen Aufstieg war kein einziges Wölkchen mehr am Himmel.
Mein Plan war, eine kleine Zeitraffer vom Jupiter zu erstellen.
Das sollte viele Videosequenzen im Abstand von jeweils wenigen Minuten zur Folge haben – ich entschied mich für ein ‚Intervall‘ von etwa 5 Minuten.
Den ADC ließ ich aus Gründen der Einfachheit weg, müsste der doch immer wieder zwischendurch nachjustiert werden. Im Endeffekt hätte ich ihn doch lieber mal verwenden sollen… nunja, das Seeing war im Durchschnitt auch nicht so ruhig wie erhofft (bzw. so gut wie in der Nacht zuvor), aber die Fotografie ist halt auch immer noch einmal etwas anders als das rein visuelle Beobachten. Von dem her hinkt der Vergleich leider etwas, gut brauchbar war es dennoch!
Was das händische auslösen der einzelnen Sequenzen dann für eine Arbeit darstellen sollte, bemerkte ich erst zunehmend während der Nacht. Bis auf den Bildschirm meines Laptops habe ich von dieser leider nicht viel gesehen.
Und irgendwann ist man an einem Punkt angekommen, an dem der Festplattenspeicher auf einmal voll ist, das direkte Abspeichern auf einer externen Platte zu langsam ist und man an der alten Kiste nur einen schnellen USB-Port hat… hätte man ja auch etwas besser planen können 😉
Durch ständiges Umstecken von Kamera und externer SSD (während den Pausen) gelang es mir dennoch, mich eine Zeit lang über Wasser zu halten, zumindest bis Jupiter so tief über der großen Skihütte stand, dass es keinen Sinn mehr machen würde noch weiter Daten zu sammeln.
Immerhin kam ich so dann noch zu ein wenig Schlaf in der Dunkelheit, bevor ich gegen Mittag die Heimreise an den Bodensee antrat.
Und so hat es der Almberg wieder einmal geschafft, meinen Astrofrust zu besiegen!
Mein Dank gilt allen Teilnehmern, die das Treffen zu dem machen was es ist, natürlich den Veranstaltern und dem Wirt der Alpe – und nicht zu vergessen dem Wettergott.
to be continued in 2022…
(Johannes Hildebrandt)
Zeitraffer auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=LATOhxY0BE0
interaktives Panorama: http://jojos-universe.de/gfx/2021_ATM_pano/